Die Langenberger Taucher hatten den renommierten, international anerkannten und vielfach ausgezeichneten Geowissenschaftler und Wüstenforscher Dr. Stefan Kröpelin von der Universität zu Köln, der seit über 40 Jahren die Sahara vor allem im Norden des Tschad, im Nordwest-Sudan und in Südwest-Ägypten erforscht, eingeladen, um mehr über dieses Gebiet zu erfahren, über das weniger bekannt ist als über die Rückseite des Mondes.
Stefan begann seinen Vortrag mit der Schilderung der Schwierigkeiten, überhaupt in das Forschungsgebiet zu gelangen: 1.000 km von jeder Zivilisation und Versorgung, ohne Straßenkarten, noch nicht einmal Pisten, mit LKW und Geländewagen durch die Wüste, Fahrwege suchen, festgefahrene LKW im weichen Sand, Achsenbrüche und Reifenpannen, Unfälle und medizinische Notfälle dürfen nicht passieren - allein das sind unglaubliche Herausforderungen, die man sich kaum vorstellen kann.
Und wenn diese nach wochenlanger Mühe gemeistert sind, beginnt ja erst die eigentliche Forschung: Löcher graben, Sedimentproben nehmen, Bohrkerne ziehen, dabei alles nachvollziehbar dokumentieren und die Proben dann intakt und auswertbar nach Hause zu bringen.
Hinzu kommen logistische Herausforderungen, denn es muss alles mitgenommen werden: Treibstoff, Wasser, Lebensmittel, Küchenausrüstung, Medikamente, Zelte, Schlafsäcke usw. für ein Team von zehn bis 20 Expeditionsmitgliedern für mehrere Monate. An Duschen und Wechselwäsche für jeden Tag ist nicht zu denken.
Dann geht es natürlich noch um das Wichtigste, nämlich die umfangreiche technische Forschungsausrüstung: Bagger (!) zum Graben großer Löcher für die Gesteinsproben, Geräte zur Entnahme von Bohrkernen, Gesteinssägen, eine Bohrplattform und ein Schlauchboot, um Sedimentproben auch aus einem See entnehmen zu können und entsprechende Kisten, um diese Proben unversehrt nach Köln zu schaffen.
Dabei hatten die Forscher u.a. mit folgenden Problemen zu kämpfen:
- die hohen Tages- und niedrigen Nachttemperaturen (da legt sich auch nachts schon mal Raureif über den Schlafsack…),
- Sand- und Staubstürme, die die Sichtweite teilweise auf unter einen Meter begrenzten und die Funktion von Ausrüstung gefährden,
- Wegstrecken und steile Ab- und Aufstiege von 1.000 m Höhenunterschied, die nicht mal mit Kamelen, sondern nur zu Fuß zu bewältigen waren,
- Schlangen und Skorpione,
- Banditen und Rebellen im Grenzgebiet zum Sudan sowie
- Minen und Sprengfallen als todbringende Überbleibsel aus zurückliegenden kriegerischen Konflikten.
Dies wurde mit beispielhaften Fotos visualisiert.
Die Ergebnisse dieser Forschungen waren z.B. Erkenntnisse über den Klimawandel der Sahara in den letzten 10.000 Jahren. Über einen Zeitraum von mehreren Tausend Jahren war die Sahara grün und glich einer Savannenlandschaft, wie wir sie heute aus den Randtropen kennen. In der Zeit bot sie den Ur-Menschen die Möglichkeit, dort zu leben, aber auch, sie auf dem Weg nach Europa zu durchwandern.
Somit zeichnete Stefan Kröpelin auch die Migrationsbewegungen der anatomisch modernen Menschen aus Äthiopien (der „Wiege der Menschheit“) nach Europa nach, die in der Sahara faszinierende und uns völlig unbekannte, gut erhaltene und überraschend detailreiche prähistorische Felszeichnungen hinterlassen haben, die mit den in Frankreich und Spanien bekannten Höhlenzeichnungen von Lascaux und Altamira unzweifelhaft vergleichbar, vielleicht sogar in ihrer universellen Bedeutung noch wichtiger sind.
Stefan zeigte auch eindrucksvoll, dass die Sahara an Landschaftsformen viel mehr zu bieten hat als nur Sand und Geröll. Da sind Hochgebirge von über 3.000 m Höhe, Vulkankraterlandschaften, Sandsteinformationen von unglaublicher Größe, Struktur und Schönheit, einsame Oasen, Wüstenseen, die sich aus fossilem Wasser speisen, eine Tierwelt mit Krokodilen, Antilopen und Pavianen, die man dort niemals vermuten würde.
Viele dieser Formationen sind Relikte aus den Klimaveränderungen in der Sahara in den letzten 10.000 Jahren, die Stefan in jahrelangen Feldstudien erforscht hat und aus denen sich auch Rückschlüsse auf den aktuellen Klimawandel ziehen lassen, den er sachlich begründet für mindestens teilweise natürlich hält.
Zudem lernten die Taucher, dass es Stefan Kröpelin gelungen ist, dem Tschad zu zwei UNESCO-Welterbestätten zu verhelfen - eben aufgrund dieser Einzigartigkeit der Natur- und historischen Kulturlandschaften. Es sind dies die uns Europäern weithin unbekannten Seen von Ounianga (2012) und das Ennedi-Gebirge (2016).
Im Anschluss an den fast zweistündigen Vortrag machten noch einige Mitglieder von der Möglichkeit Gebrauch, Fragen an Stefan zu stellen, die er sehr ausführlich beantwortete.
Auch wenn die typischen Taucherthemen in diesem Vortrag nur eine äußerst marginale Rolle spielten, verließen die über 50 Zuhörer den Vortrag hochzufrieden und beeindruckt von den neuen Erkenntnissen über einen nahezu unbekannten Teil unserer Welt. Der TSC Langenberg kann eben nicht nur tauchen, sondern zeigt sich auch offen für Wissenswertes aus anderen, kaum erforschten Regionen der Erde.
Der Vortrag fand im Haus Sondermann statt, welches durch eine gelungene Mischung aus zuvorkommender Aufmerksamkeit und angemessener Zurückhaltung im Service in dankenswerter Weise auch zum Gelingen der Veranstaltung beigetragen hat.
Vom TSV NRW haben wir ebenfalls große Unterstützung erfahren: Vizepräsident Oliver Jung und der Sachabteilungsleiter Umwelt und Wissenschaft, Dr. Peter van Treek, waren anwesend, und wir haben eine super-professionelle und riesige Leinwand vom TSV für den Vortrag geliehen bekommen!
Stefan hat übrigens zugunsten des TSC auf ein Honorar verzichtet, so dass wir den Kostenbeitrag für die Zuhörer niedrig halten und jedem Vereinsmitglied die Teilnahme ermöglichen konnten. Dafür gebührt ihm ein außergewöhnlicher Dank!
Insgesamt war es eine sehr gelungene Veranstaltung mit erstaunlichen Erkenntnissen und viel Anlass zu weiterer Diskussion.